top.tirol Jahrbuch der Wirtschaft 2019, Ein Lehrbeispiel der Europäisierung, Interview mit K. Bergmeister

34 I NT E RV I EW Schweizer viele Erfahrungen machen, die wir als Wis- sen übernehmen konnten. Technisch gesehen wäre der Brenner Basistun- nel vor 50 Jahren machbar gewesen. Aber verbesserte Technologie, Maschinentechnik und Fortschritte bei der Gebirgserkundung haben enorm dazu beigetra- gen, den Bau heute risikoärmer, effizienter und res- sourcen- sowie umweltschonender zu machen. Worin lagen und liegen die größten Herausforderun- gen? Der Brenner Basistunnel ist ja nicht zuletzt ein politisches Projekt. Die erste Hürde war also sicherlich der Staatsvertrag, der 2004 abgeschlossen worden ist Alleine auf der Baustelle Tulfes-Pfons waren zwölf verschiedene Kulturen, Sprachen und Nationalitäten vertreten, die sich auf engstem Raum begegnen und gemeinsam an dem großen Projekt arbeiten. Das ist angewandter Europäisierungsprozess. Im nächsten Schritt wird ein weiterer Meilen- stein entstehen, wenn erstmalig in Europa ein Tunnel unterirdisch eine Grenze unterfahren wird, wo es kei- ne Grenzen mehr gibt. Im Brenner Basistunnel findet sich so Europa im Kleinformat wieder – und es ist eines der wenigen wirklich grenzüberschreitenden Projekte, das einen echten Europäisierungsschritt darstellt. Gesprochen worden ist über den Brenner Basistunnel schon lange. Wäre er früher rein technisch betrach- tet überhaupt schon umsetzbar gewesen? Die Tech- nik des tiefliegenden Tunnelbaus gibt es eigentlich seit dem Bau der Gotthard-Röhre im Jahr 1872. Seither hat es natürlich sehr viele technologische Entwicklun- gen gegeben – bis hin zum Gotthard-Basistunnel, der 2016 den Betrieb aufgenommen hat. Dort mussten die Die Idee den Brenner zu untertunneln gibt es bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts , als die aktuelle Strecke über den Brennerpass geplant und errichtet wurde. Eine Reali­ sierung wäre damals technisch nahezu unmöglich und ver­ mutlich nicht finan­ zierbar gewesen. T I M E L I N E Brenner Basistunnel 1989: Erste Machbarkeits- studien werden angestrengt. 1994: BBT wird Teil der TEN-Prioritätenliste . 2004: • Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien wird unterzeichnet • BBT SE wird gegründet. 2005: Bundesregierung betei­ ligt sich am Pilotstollen mit 53 Millionen Euro , Tiroler Landesregierung mit 54 Millionen . 2006: • TFB wird gegründet, die den italienischen Anteil der BBT SE hält. • Symbolischer Spatenstich 2007: Offizieller Baubeginn 2008 : Umweltverträglichkeits­ prüfung wird abgeschlossen, Baugenehmigung erteilt. 2009: Aktionsplan wird unterzeichnet. 2011: • Bundesregierung ver­ abschiedet Rahmenplan Infrastruktur , der 5,2 Mrd. für das Projekt vorsieht. • Hauptbauphase beginnt. 2015: Offizieller Baubeginn der Hauptröhren auf österreichischer Seite Mitte 2016: 50 von 230 Kilometern ausgebrochen April 2019: 100 von 230 Kilometern ausgebrochen © BBT SE (3)

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