Jahrhundertbauwerk verbindet Europa

Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift, 163. Jg., Heft 1–12/2018 1 Das Jahrbuch 2018 der ÖIAZ ist primär dem Wiener U-Bahnbau und dem Tunnelbau gewidmet, enthält aber auch andere Beiträge zum Bau- wesen sowie historische Artikel. Das Spektrum der Schwerpunkts- Beiträge reicht von Tunnel in Tieflage zu Tunnel in Hochlage (oft nur mit minimaler Überdeckung), von Tunnel im Fels bis zu Tunnel in plastischem Seeton oder U-Bahntunnel, deren Firste bereits an die Keller bestehen­ der Gebäude reicht. Auf Tunnel- Voreinschnitte mit Hangsicherungen wird ebenfalls eingegangen. Einleitend fasst G. S t e i nbaue r die Bedeutung des Wiener U-Bahn-Netzes und dessen Erweiterung für die Wiener Linien zusam- men. Demnach nützten im vergangenen Jahr bereits mehr als 450 Millionen Fahrgäste die U-Bahn. K. Hö f l i ng und R. Mück gehen detailliert auf die planerische Entwicklung der U1-Verlängerung in den Süden ein. K. Hö f l i ng war seit Eröffnung der ersten U-Bahn Wiens (1978) in die Planung der U1 involviert, sodass sein Beitrag nicht nur aus technischer Sicht sondern auch historisch von Interesse ist. Ch. Nebo i s , A. Le i t ne r und Th. He r z f e l d zeigen die Probleme des städtischen Tunnelvortriebes am Beispiel des Bauloses U1/10 auf, bei dem die zulässigen Setzungsdiffe- renzen in der bestehenden Bebauung nur durch Maßnahmen des Spezialtiefbaus eingehalten werden konnten. Weitere Beiträge zur U1 betreffen die Planung der Station Oberlaa, die Zugsicherungsanlage und den Technischen Brandschutz. Nach Organisation und Projektmanagement beim Wiener U-Bahn-Bau wird auch auf die Lokalisierung von Schwach- stellen im Abdichtungssystem von U-Bahn-Baustellen einge- gangen. Nach dem Block über die Wiener U-Bahn folgt eine kon- zentrierte Publikation zum Brenner Basistunnel durch K. Be rgme i s t e r. Hiebei handelt es sich um ein heraus­ ragendes Jahrhundertbauwerk, das Europa verbinden und im Jahre 2018 mit 64 km die weltweit längste unterirdische Eisenbahnverbindung sein wird. Neben innovativen Lösun- gen im Tunnelbau setzt dieses Bauwerk auch bahnbetrieb- lich neue Maßstäbe, etwa mit selbststeuernden Transport- fahrzeugen. Das gesamte Tunnelsystem umfasst eine Länge von 230 km und ist auf eine technische Nutzungsdauer von 200 Jahren ausgelegt. Ein weiteres wichtiges Infrastrukturprojekt im Herzen Euro- pas bildet der Semmering-Basistunnel der ÖBB. G. Gob i e t Em. O.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.mult. Heinz Brandl Zeitschrift des ÖIAV 163. Jahrgang Heft 1–12/2018 Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift Editorial geht detailliert auf dieses technisch anspruchsvolle Bauwerk ein, das auf 27 km Länge mit schwierigsten geologischen Be- dingungen konfrontiert war. Der Errichtung der Koralmbahn zwischen Graz und Klagen- furt ist ein eigener Beitragsblock gewidmet. Auch hier waren extreme geotechnische Herausforderungen zu bewältigen, etwa der Tunnelvortrieb im Seeton (J. Bened i k t et al.), mo- dulare Drainagespülsysteme zu entwickeln (J. Lemme re r et al.) und mit geotechnischen Restrisiken zu kämpfen (G. G. Gschwand t ne r et al.). Der nächste Themenblock betrifft die Forschung, beginnend mit Großbrandversuchen für Eisenbahntunnel (Th. Tha l l e r, P. S t u rm) und Forschungsvorhaben an der Montanuniversi- tät Leoben und dem „Zentrum am Berg“ (G. Ga l l e r ). E. Schne i de r und M. En t ache r legen eine Bestandsauf- nahme der geotechnischen Planung und Ausschreibung tiefliegender Tunnel in Österreich vor, wobei sie noch ei- nen Verbesserungsbedarf für ausgewogene Bauverträge orten, insbesondere hinsichtlich einer fairen Risikovertei- lung. M. En t ache r et al. gehen auf risikobasierte integrale Kosten- und Bauzeitanalysen für Infrastrukturprojekte ein. Der Bericht über ein vielfältiges Großprojekt in Katar von R. Sched l e r et al. beschließt die Themengruppe Tunnel- bau / Infrastruktur, gefolgt von zwei historischen Beiträgen über die Entwicklung des Betonstraßenbaus in Österreich und das Forschungsinstitut der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Der Autor, H. Somme r, leistete für beides Bahnbrechendes. Dem Beitrag über 25 Jahre Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich von K. H i l t ga r t ne r folgen drei historische Artikel von F. Ha l a / R. Wi l l i nge r und H. W. Ma l n i g . Die insgesamt 7 „Technischen Berichte“ zeichnen sich wie­ derum durch vielfältige Inhalte aus. Beginnend mit der Tunneleinhausung der Tauernautobahn bei Zederhaus / Salz- burg und dem Semmering Basistunnel folgen Monitoring und Datenmanagement in urbanen Tunnelprojekten, die Erdox- Technologie für Lawinenverbauten etc., Steinschlagschutz von Verkehrswegebauten, die Innovation der Spinnanker und schließlich ein Bericht über die Neugestaltung des Welt­ museums Wien. Abschließend sollen die Werbeeinschaltungen besonders hervorgehoben werden, die nicht nur äußerst informativ sind, sondern auch die enge Verbindung zwischen Forschung, Entwicklung und Ingenieurbüros sowie Firmenengagement demonstrieren. H. Br and l – Präsident des ÖIAV

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